Die Schatzinsel

Theater der Jugend Wien / Theater im Zentrum Wien

Von Ken Ludwig nach Robert Louis Stevenson

Premiere: Oktober 2010

Regie: Michael Schachermaier

Ausstattung: Friedrich Eggert

Licht: Lukas Kaltenbäck

Musik: Franz Stögner

Dramaturgie: Markus Felkel

Mit: Jürgen Schuller, Daniel Jeroma, Simon Jaritz, Bernhard Dechant, Sebastian Eckahardt, Peter Steiner, Pilar Aguilera, Horst Eder, Michael Schusser u.a.

Da staunt der 14-jährige Jim Hawkins nicht schlecht, als eines Tages im Gasthaus seiner Mutter ein geheimnisvoller Mann mit einer noch geheimnisvolleren Kiste in der Tür steht. Sein Name? Billy Bones, und er ist auf der Flucht – vor seinen besten Freunden. Die jedoch sind allesamt Mitglieder der berüchtigsten Piratenbande von Jamaika bis Madagaskar. Und mit Piraten ist nicht gut Kirschen essen, besonders dann nicht, wenn sie auf Schatzsuche sind und ihnen die dazugehörige Schatzkarte gestohlen wurde. Diese hat Billy Bones seinen ehemaligen Kameraden entwendet. Doch bevor die Bande sie ihm wieder wegnehmen kann, stirbt er in den Armen von Jim Hawkins an einem Herzinfarkt. – Nicht jedoch ohne zuvor noch den geheimen Inhalt seiner Kiste gebeichtet zu haben.

Nun liegt es an Jim, mittels der darin verborgenen Schatzkarte Captain Flints sagenumwobenes Diebesgut zu entdecken. Doch wer ist Freund, wer ist Feind? Wem kann man vertrauen, vor wem ist es besser, sich in Acht zu nehmen? Mut, Tapferkeit, Freundschaft, Zusammenhalt sind nötig – und ein kühler Kopf, um denselbigen nicht im wahrsten Sinne des Wortes zu verlieren. Die Schatzinsel ruft! Gemeinsam mit Long John Silver, Squire Trelawney und einer Mannschaft von undurchsichtigen Gesellen sticht Jim Hawkins in See – in das Abenteuer seines Lebens.

Das Theater der Jugend entführt seine Zuschauer auf die wohl berühmteste Schatzsuche der Weltliteratur. Regisseur Michael Schachermaier wagt sich – nach seiner höchst erfolgreichen »Krabat«-Inszenierung in der vergangenen Spielzeit – nun an Robert Louis Stevensons Roman-Klassiker heran und lässt die geheimnisumwitterte Schatzinsel im Theater im Zentrum auferstehen.

Theater der Jugend Wien

Foto(s) copyright Rita Newman

Foto(s) copyright Rita Newman

Komm, Rambo, wir finden einen Schatz! Das Theater im Zentrum zeigt den Piratenklassiker »Die Schatzinsel« als packendes Actionspektakel

Kradoms! Bereits nach wenigen Minuten zucken die Zuseher im Theater im Zentrum zusammen. Michael Schachermaier bringt hier für das Theater der Jugend Robert Louis Stevensons »Die Schatzinsel« auf die Bühne, und was er bietet, das ist großes Kino.

Dabei orientiert er sich jedoch nicht, wie es naheliegend gewesen wäre, an den Hollywood-Blockbustern »Fluch der Karibik«. Die Vorlage für seine Piraten liefert vielmehr die Sippe um Duane »Dog« Chapman, die als prollige Kopfgeldjäger zu später Stunde im deutschen Privatfernsehen hawaiianische Schurken dingfest machen. Statt Rüschenhemd und Dreispitz trägt der moderne Freibeuter von Welt nun also eine schwarze Radhose und Tribal-Tattoos. Musketen haben ausgedient, ihren Platz haben Sturmgewehre eingenommen.

Das Geknatter der Waffen fällt später entsprechend eindrucksvoll – also laut – aus, ebenso der Donner, der gleich zu Beginn das Unheil ankündigt. Jim Hawkins, von Daniel Jeroma als durchschnittlich coolen Jugendlichen gespielt, erhält aus den Händen des sterbenden Piraten Billy Bones eine Schatzkarte, die zu unermesslichen Reichtümern führen soll. Die Crew des verblichenen Captain Flint, der diesen Schatz auf einer Insel vergraben hatte, hat daran auch noch Interesse, sodass die Jagd nach dem Gold bald zu einem Kampf ums Überleben wird.

Stevensons Abenteuerroman eignet sich, wie auch die zahlreichen Verfilmungen belegen, natürlich ausgezeichnet für einen spannenden Theaterabend. Die recht werkgetreue Adaption Ken Ludwigs, welche hier Zusehern ab elf Jahren als deutschsprachige Erstaufführung geboten wird, leistet sich zudem keinen Fehler. Von Beginn an ist das Spannungslevel ganz oben – und bleibt dort bis zur letzten Minute.

Die Musik (Franz Flieger Stögner) sorgt für Stimmung, das aus immer neugeordneten Tonnen und Stellwänden bestehende Bühnenbild (Friedrich Eggert) ist so simpel wie effektiv, und die Piraten um den legendären Long John Silver (Jürgen Schüller) sind natürlich furchtbar fies. Wenn sich diese durch den Dschungel kämpfen und dabei im wahrsten Sinne des Wortes zerlegt werden, fesselt das selbst den abgebrühtesten Teenager im Publikum.
Aus dem großen Premierenapplaus hörte man einige »Nochmal«-Rufe. Dieser Wunsch blieb unerfüllt, der Begeisterung tat es allerdings keinen Abbruch.
— Der Standard, 21.10.2010
Turbulente Schatzsuche in der Liliengasse

Es ist die wohl berühmteste Schatzsuche der Weltliteratur, die sich der Schotte Robert Louis Stevenson im 19. Jahrhundert ausgemalt hat. Getrieben von seiner Sehnsucht nach Meer versetzte sich Stevenson in fantastische Inselwelten. Dass »Die Schatzinsel« auch 150 Jahre später nichts von ihrer Faszination verloren hat, beweisen Ken Ludwig, der das Stück für die Bühne adaptierte, und Regisseur Michael Schachermaier im Theater im Zentrum.

Mit viel Schwung und noch mehr in der Luft wehendem Testosteron lässt er Jim Hawkins – großartig trotz schwerer Erkältung: Daniel Jeroma – gegen die Piraten antreten. Die Sitten auf der Bühne sind rau: Da wird gerauft und mit Dolchen gefuchtelt, auch kurzerhand die eine oder andere Kehle durchschnitten. Wer nicht pariert, wird an die Haie verfüttert. Frauen haben – bis auf Pilar Aguilera, die zugleich Jims Mutter, Blind Pew, Ben Gunn und die einzige Piratin, Anne Bonny, spielt – keinen Platz in dieser brutalen Männerwelt.

Zusätzliche Atmosphäre gewinnt Schachermaier dadurch, dass er seine durchtrainierten Piraten auch vom Zuschauerraum aus kämpfen lässt, was besonders die Buben im Publikum als packend empfinden. Ein Stück für große und kleine Männer ab 11, das wieder einmal beweist, dass gute Bücher und deren Umsetzung auf Bühne oder Film zeitlos sind. Gespielt wird noch bis 18. Dezember, für die meisten Vorstellungen gibt es nur noch Restkarten.
— Kurier, 29.11.2010